Markenerlebnisse für alle: Barrierefreie Markengestaltung
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Markenerlebnisse für alle: Barrierefreie Markengestaltung
In Themen des täglichen Lebens rücken Inklusion und Diversität zunehmend in den Vordergrund, wenn auch für viele nicht schnell genug. So wird auch die barrierefreie Markengestaltung nicht nur zur sozialen Verantwortung, sondern auch zu einem strategischen Vorteil. Die Frage ist nicht mehr, ob sich Unternehmen damit auseinandersetzen sollten, sondern wie schnell sie jetzt handeln, um ihre Positionierung als offenes, inklusives Unternehmen nach außen deutlich zu machen, noch bevor sie durch den Gesetzgeber oder gut aufgestellte Wettbewerber abgestraft werden.
Warum ist eine barrierefreie Markengestaltung wichtig
Barrierefreiheit ist längst nicht mehr nur ein Thema für den öffentlichen Raum. Unternehmen, die Barrieren abbauen, signalisieren damit, dass sie jeden Menschen willkommen heißen. Dies ist nicht nur ein Akt der sozialen Verantwortung, sondern ein klarer Wettbewerbsvorteil. Laut einer Studie der WHO leben rund 16 Prozent der Weltbevölkerung mit einer Behinderung.¹ In Deutschland sind es etwa 7,9 Millionen Menschen schwerbehindert.² Stellen Sie sich vor, Sie könnten diese Zielgruppe direkt ansprechen und für Ihr Unternehmen gewinnen. Oftmals führen Hürden beim Konsum der Markenbotschaften aber eher zu Frust als zum gewünschten Markenerlebnis.
Dabei betrifft die barrierefreie Gestaltung häufig, aber nicht nur das Netz: Nur ein Fünftel der meistbesuchten deutschen Webshops ist laut Testbericht von Aktion Mensch und Google in Teilen barrierefrei: „Fehlende Kontraste, unlogische Seitenaufbauten und störende Banner sind häufige Hürden, die den Zugang erschweren.“ ³
Barrierefreie Markengestaltung sagt etwas über Ihr Unternehmen aus
Eine barrierefreie Marke zeigt, dass Ihr Unternehmen für Offenheit, Respekt und Gleichberechtigung steht. Die Markengestaltung sollte immer die Werte eines Unternehmens oder einer Marke widerspiegeln. Ein barrierefreies Branding signalisiert, dass Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden ernst nehmen und aktiv daran arbeiten, allen einen Zugang zu ermöglichen. Dies stärkt das Vertrauen in Ihre Marke und fördert die Kundenbindung. Umgekehrt mute es nach Marcus Morczinietz von wirDesign "sogar verwunderlich an, dass vor dem Hintergrund der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Customer Experience Management zahlreichen Zielgruppen der Zugang zu einem optimalen Markenerlebnis ganz offensichtlich versperrt wird." ⁵
"Der Grundwert der Barrierefreiheit ist Inklusion."
Christiane Hackl, gehirngerecht.digital ⁴
Die Pflicht im Netz kommt
Übrigens verpassen Unternehmen nicht nur die Chancen, mehr potenzielle Kundinnen und Kunden zu erreichen. „Denn ab dem 28. Juni 2025 sind Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten und einem Umsatz von über zwei Mio. Euro gesetzlich verpflichtet, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten.“ ³ Über die rechtliche Verpflichtung hinaus sollte Barrierefreiheit aber als Qualitätsmerkmal moderner Unternehmen angesehen werden. „Es erhöht nicht nur die Reichweite und Benutzerzufriedenheit, sondern stärkt auch das Unternehmensimage als sozial verantwortliches und inklusives Unternehmen.“
Was bedeutet eigentlich barrierefreies Markendesign konkret?
Barrierefreies Markendesign umfasst alle Aspekte der visuellen und textuellen Kommunikation, die sicherstellen, dass niemand ausgeschlossen wird. Dazu gehören klare Schriftarten, ausreichende Kontraste, einfache Sprache, alternative Texte für Bilder und Videos sowie eine benutzerfreundliche Navigation auf der Website. Es geht darum, dass jede Interaktion mit der Marke für jeden zugänglich und verständlich ist. Dabei können auch Konflikte auftreten. Beispiel Gendern: Gender-Sprache mit Stern im Begriff soll grundsätzlich alle Adressatinnen und Adressaten in die Sprache integrieren, führt aber Schwierigkeiten bei Vorlesefunktionen für Menschen mit Sehbehinderung. Und natürlich stellt sich für Unternehmen bei den in der Regel mühevoll erarbeiteten Brand Designs auch immer die Frage, inwieweit es reduziert werden soll, ohne die Wiedererkennung und den Effekt zu verlieren. Der beste Weg, das herauszufinden, ist, einfach mal zu starten und die Veränderungen mit den Zielgruppen zu testen (s. unten).
Welche Touchpoints und welche Elemente einer Marke muss ich berücksichtigen?
Barrierefreiheit betrifft alle Berührungspunkte Ihrer Marke, zum Beispiel:
Website und Online-Shop: Diese sollten WCAG-konform sein.⁵
Produktverpackungen: Klare Beschriftungen und Brailleschrift.
Marketingmaterialien: Untertitel und Transkripte für Videos, leicht verständliche Sprache.
Live-Event und Live Streaming: Gebärdensprachdolmetschung und Live-Untertitelung.
Physische Standorte: Rampen, taktile Leitsysteme, akustische Signale.
Welche Marken machen es schon richtig?
Apple liefert mit der VoiceOver-Funktion auf iPhones und iPads ein gutes Beispiel für barrierefreies Design. Diese Funktion ermöglicht blinden Menschen die Nutzung der Geräte. Und Microsoft zeigt mit dem Xbox Adaptive Controller, wie ernst das Unternehmen Barrierefreiheit nimmt und dafür innovative Lösungen entwickelt. Diese Unternehmen haben nicht nur ihre Markenwerte gestärkt, sondern auch neue Marktsegmente erschlossen und die Kundenzufriedenheit erhöht. Aber klar, diese Beispiele sind sehr hohe Maßstäbe für kleine und mittelständliche Unternehmen. Als einfaches Beispiel fürs Web nennt Christiane Hackl das Kiekeberg-Museum in ihrem Artikel über barrierefreies Branding. Dort lobt sie die einfache Umstellung der Webseite auf einfache Sprache und die Umstellung der Schriftgöße für bessere Lesbarkeit.⁴
"Unsere Mission ist, die Information der Welt zu organisieren und allgemein zugänglich zu machen. Barrierefreiheit ist ein integraler Bestandteil unserer Werte."
Sundar Pichai, CEO von Google (3)
Wie entwickle ich eine Marke barrierefrei? Wo fange ich am besten an, wenn ich ein bestehendes Markendesign habe?
Der erste Schritt ist eine umfassende Analyse Ihrer aktuellen Markengestaltung, die Identifikation von Schwachstellen und einen Plan zur Umsetzung zu entwickeln.
1. Evaluierung: Identifizieren Sie die aktuellen Barrieren in Ihrer Markenkommunikation.
2. Schulung: Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für das Thema Barrierefreiheit.
3. Anpassung: Überarbeiten Sie Ihre Website, Produktverpackungen und Marketingmaterialien.
4. Testen: Lassen Sie die neuen Designs von Menschen mit Behinderungen testen.
5. Kontinuierliche Verbesserung: Barrierefreiheit ist ein fortlaufender Prozess.
Fazit
Barrierefreie Markengestaltung ist nicht nur eine ethische Verpflichtung, sie ist auch Ausdruck der Markenwerte und eine strategische Notwendigkeit. Unternehmen, die frühzeitig auf Inklusion setzen, profitieren von einem positiven Markenimage, erhöhter Kundenbindung und einem erweiterten Kundenkreis. Jetzt ist die Zeit, zu handeln und Ihr Unternehmen für die Zukunft zu positioniere – barrierefrei und inklusiv.
Quellen und weiterführende Links:
World Health Organization, 2024: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/376869/9789240094703-eng.pdf?sequence=1
Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html#119290
„Barrierefreiheit im Netz: Testbericht zeigt enormen Nachholbedarf auf deutschen Websites“ – Business Punk, Juli 2024, https://www.business-punk.com/2024/07/barrierefreiheit-im-netz-testbericht-zeigt-enormen-nachholbedarf-auf-deutschen-websites/
„Barrierefreies Branding”, gehirngerecht, Mai 2024: https://gehirngerecht.digital/barrierefreies-branding/
Barrierefreiheit in der Markenführung, Februar 2024: https://www.wirdesign.de/einblicke/barrierefreiheit-in-der-markenfuehrung
Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG 2.1). Der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik: https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/wcag/wcag-node.html
„Der European Accessibility Act: Eine Zeitwende in der digitalen Barrierefreiheit", Business Punk, August 2024: https://www.business-punk.com/2024/08/der-european-accessibility-act-eine-zeitwende-in-der-digitalen-barrierefreiheit/
World Wide Web Consortium: https://www.w3.org/
Deutscher Behindertenrat: https://www.deutscher-behindertenrat.de/
„Warum Barrierefreiheit?“, Business Punk, Mai 2023
„Inklusion als Wettbewerbsvorteil“ – Harvard Business Review, Januar 2023
„Wie Du barrierfreie Farben wählst", gehirngerecht.digital: https://gehirngerecht.digital/wie-du-barrierefreie-farben-waehlst/
„Kontrastverhältnis von Farben", gehirngerecht.digital: https://gehirngerecht.digital/kontrastverhaeltnis/