Sind Branding Archetypen die Superpower in der B2B Markenführung?
Marke, Strategie
Was sind Markenarchetypen? Wo hilft mir dieses Modell und wo nicht? Wo liegen die Schwächen und wo die Stärken? Wir haben uns durch zahlreiche Artikel gelesen, um Dir einen Überblick zu verschaffen.
Hintergrund
Der Einsatz von Archetypen erfreut sich im Unternehmensmarketing immer noch hoher Beliebtheit. Zudem gibt es unzählige Blogartikel und Fachliteratur zu diesem Thema. Selten wird jedoch eine kritische Auseinandersetzung damit durchgeführt. Wir möchten hier beide Perspektiven beleuchten.
Viele Artikel bezeichnen den Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung als die Person, die das Modell der Archetypen geprägt hat. Carl Gustav Jung definiert diese Urbilder als psychische Energien des kollektiven Unbewussten. Obwohl Jung die Grundlagen für Archetypen gelegt hat, sind seine Definitionen nicht für Marketingzwecke geeignet.
Die Urheber der heute verwendeten, marketingtypischen Archetypen sind unbekannt. Wer diese Modelle nutzt, sollte sich bewusst machen: Diese Modelle beruhen auf keiner wissenschaftlichen Grundlage, sondern haben sich durch Weitergabe und ständige Anwendung in der strategischen Markenkreation etabliert.
Die Marken-Archetypen
Es existieren 12 Archetypen in verschiedenen Beschreibungen. Sie sind immer in ihrer maskulinen Schreibweise definiert und in vier Kategorien gruppiert. Allen Archetypen werden Eigenschaften zugeordnet, um sie besser der Marke zuordnen zu können.
Wir haben zur Übersicht die deutsche und englische Schreibweise zusammengetragen, da beide Varianten in der Marketingbranche oft verwendet werden.
Veränderung – Leave a Mark
Der Rebell – The Outlaw
Stellt sich gegen gängige Konventionen
Nimmt oft die Position des Oppositionellen ein
Kämpft für seine Überzeugungen
Der Magier – The Mage
Entführt in neue, fantastische Welten
Überrascht ständig mit neuen Perspektiven
Seine visionären Ideen verzaubern und fesseln
Der Held – The Hero
Strahlt Stärke und Verlässlichkeit aus
Kämpft kontinuierlich für das Gute
Arbeitet ständig an sich und ruht nicht aus
Erfüllung – Spiritual Journey
Der Unschuldige – The Innocent
Nähert sich Themen ohne Vorurteile
Strebt nach Glück und Vertrauen
Seine Wege führen ins Paradies
Der Weise – The Sage
Besitzt wertvolles, lang erworbenes Wissen
Trifft immer wohlüberlegte Entscheidungen
Strebt danach, globale Probleme zu lösen
Der Entdecker – The Explorer
Sein Motto lautet: "Der Weg ist das Ziel"
Hält niemals an, sucht stets nach Neuem
Scheut sich nicht vor langen Wegen, wenn das Ergebnis stimmt
Verbindung – Connect to Others
Der Liebende – The Lover
Führt alles mit Leidenschaft aus
Strebt danach, Geborgenheit und Nähe zu schaffen
Spricht stets mit Wertschätzung und Freundlichkeit
Der Narr – The Jester
Lebt im Hier und Jetzt
Überzeugt mit Humor, selbst bei Skeptikern
Betrachtet sich selbst mit einer gewissen Selbstironie
Der Jedermann – The Regular Guy
Bodenständigkeit macht ihn nahbar
Besitzt einen verantwortungsbewussten Charakter
Möchte nicht auffallen, sondern durch Zuverlässigkeit im Gedächtnis bleiben
Ordnung – Provide Structure
Der Beschützer – The Caregiver
Trägt Empathie in höchstem Maße
Denkt zuerst an andere, dann an sich selbst
Möchte die Welt zu einem besseren Ort machen
Der Herrscher – The Ruler
Priorisiert Macht und Kontrolle
Beeindruckt mit Selbstbewusstsein und starken Botschaften
Legt großen Wert auf Qualität und Sicherheit
Der Schöpfer – The Creator
Innovationsgeist treibt ihn zu neuen Ideen an
Experimentiert gerne und ist kreativ
Strebt nach Perfektion
Welche Marken sind wo einzuordnen?
In vielen Artikeln im Netz und anhand von Beispielen werden den Archetypen reale Marken zugeordnet. Leider ist oft unklar (und die meisten Quellen geben keine Auskunft), ob die Unternehmen selbst diese Zuordnung vorgenommen haben oder ob sie nachträglich erfolgte, weil sie gut passte. Diese nachträgliche Einordnung hätte keinen großen Nutzen für die Marken.
Eine andere Einschränkung dieses Modells sehen wir in der mangelnden Flexibilität. Strategische Veränderungen in der Markenführung sind in einem solchen Modell schwer umzusetzen und können Verwirrung stiften. Wo man früher Apple dem Rebell zugeordnet hätte, wird es heute dem Schöpfer zugeordnet. Diese Änderung der Erzählung schwächt die Argumentation für die Nützlichkeit dieses Modells.
Es gibt positive Beispiele, wie die Marke "Innocent", die sich klar an der Definition des Narren orientiert und damit erfolgreich ist. Dennoch stellt dieses Beispiel eher eine Ausnahme dar.
Dennoch mit Markenarchetypen arbeiten?
Für diejenigen, die trotzdem mit Markenarchetypen arbeiten möchten, haben wir hier einige Vorschläge und Tipps zusammengestellt:
Nutze Archetypen für Produkt- und Service-Storytelling:
Wenn Du nach einem interessanten Narrativ für Dein B2B-Produkt- oder Deine B2B-Servicekommunikation suchst, können Archetypen ein solides Fundament bilden. Sie sind universell und leicht verständlich, wodurch sie sich als Impulsgeber eignen.
Setze Archetypen nicht nachträglich ein:
Bevor Du Archetypen verwendest, frag immer zuerst Deine Kunden und Zielgruppen, wie sie Ihre Marke sehen. Insbesondere bei erklärungsbedürftigen B2B-Services und B2B-Produkten ist es hilfreich, klare Botschaften zu entwickeln. Dies kann dazu beitragen, dass Deine B2B-Marke ein schärferes Profil erhält und besser im Gedächtnis Ihrer Zielgruppe haften bleibt.
Werde kreativ:
Es ist auch möglich, Deine Markenpersönlichkeit auf Basis bekannter realer oder fiktiver Personen zu definieren. Überlege, welche Personen oder Figuren positive Eigenschaften verkörpern, mit denen Du Deine Marke identifizieren möchtest. Nutze Bilder dieser Personen oder Figuren in Workshops. Idealerweise decken diese Personen viele der oben genannten Archetypen ab. Der Vorteil realer und fiktiver Personen besteht darin, dass bereits oft positive Geschichten mit ihnen verknüpft sind, die Du für Deine Markenpersönlichkeit nutzen kannst.
Arbeite zunächst Deine Differenzierungsmerkmale heraus:
Ein starkes Narrativ auf der Grundlage eines Archetyps kann Dir zweifellos bei der Gestaltung von Markenpersönlichkeiten und der Verankerung in der Zielgruppe helfen. Wenn sich Deine B2B-Produkte und -Services jedoch nicht genügend von der Konkurrenz abheben, verliert dieser Vorteil an Wirkung. Kunden sind schnell in der Lage, Schwächen durch Vernetzung und Informationszugang aufzudecken und die B2B-Marke negativ zu bewerten.
Nutze den Archetypenmix:
Es ist durchaus üblich, Deiner Marke Eigenschaften von 2 Archetypen zuzuordnen. Da es keine klaren Anweisungen zur Nutzung der Archetypen gibt, ist es akzeptabel zu sagen, dass die Marke größtenteils dem Archetyp X zugeordnet ist und zusätzlich Anteile und Eigenschaften eines weiteren Archetyps aufweist. Stelle sicher, dass Du dies quantitativ bestimmst, damit es nachvollziehbar bleibt.
Fazit
Markenarchetypen spielen unserer Ansicht nach insbesondere in der Markenerzählung ihre Stärke aus. Auf der Grundlage (westlich-) universeller Archetypen lassen sich fesselnde B2B-Markengeschichten kreieren. Workshops auf der Basis von Archetypen können auch dazu verwendet werden, eine Markenpersönlichkeit zu kreieren, auf der aufgebaut werden kann.
Dennoch erkennen wir, dass dieses Modell mit Bedacht eingesetzt werden sollte. Es ist nicht besonders flexibel und für B2B-Unternehmen, die oft erklärungsbedürftige Dienstleistungen und Produkte anbieten, könnten klare und prägnante Botschaften effektiver sein.
Quellen:
Hinweis:
Das Titelbild wurde mithilfe von KI-Software generiert